
Die globalen Märkte verändern sich rasch, angetrieben durch immer komplexere Vorschriften, handels- und geopolitische Spannungen und die wachsende Konkurrenz aus China. Infolgedessen sind viele traditionelle Automobilhersteller auf der Suche nach neuen Wachstumsquellen. Als solche könnten Südostasien, Indien, Zentralasien, der Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika gesehen werden.
Brasilien ist einer dieser Märkte. Als größte Volkswirtschaft Lateinamerikas (und Nummer 10 auf der Welt) befindet sich hier auch der größte Automobilmarkt. Ich habe gerade eine zweiwöchige Reise hinter mir, die mich in drei südamerikanische Länder führte: Chile, Brasilien und Argentinien.
In Brasilien habe ich einen Zwischenstopp in Sao Paulo auf der "Salão do Automóvel" eingelegt, der wichtigsten Automesse in Südamerika. Auf diese Weise konnte ich mir ein Bild davon machen, wie gut die westlichen Automobilhersteller aufgestellt sind und was Brasilien für sie bedeutet.
Der wichtigste Markt für Fiat
Für Fiat ist Brasilien beispielsweise der mit Abstand größte Markt. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres hat Fiat 41 Prozent seiner Autos in Brasilien verkauft. Damit ist Brasilien nicht nur die wichtigste Absatz- und Umsatzquelle für die italienische Marke, sondern auch ein Schlüsselmarkt für ihre Zukunft. Fiat ist bei den brasilianischen Verbrauchern sehr beliebt, und praktisch jedes Modell, das dort eingeführt wird, ist ein Erfolg. Eine langjährige Beziehung zu den Kunden und die Fähigkeit, ihre Bedürfnisse zu verstehen, erklären diese starke Position.
Wie groß ist der brasilianische Automarkt? Bild von: Motor1 Italy Die Herausforderung besteht nun darin, die Führungsposition zu halten, da der Markt nicht mehr geschlossen ist. Als Teil des Mercosur-Handelsblocks hat Brasilien die Autoimporte stets durch hohe Zölle eingeschränkt. Aufgrund seiner Größe ist das Land jedoch für chinesische Marken sehr attraktiv. Deshalb planen viele von ihnen bereits eine lokale Produktion, und viele zeigten auf der Messe ihre konkurrenzfähigen Modelle. Die Formel ist dieselbe wie in anderen Regionen: moderne, qualitativ hochwertige Autos mit attraktivem Design zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Fiat wird große Probleme bekommen, wenn es ihnen nicht gelingt, ihre Position in Brasilien angesichts der Ankunft der Chinesen zu behaupten. Aber Fiat wird nicht der einzige sein, der damit konfrontiert wird. Volkswagen, die bei der Veranstaltung nicht anwesend waren, sind in Brasilien ebenfalls sehr beliebt. Meinen Daten zufolge entfielen in der ersten Hälfte des Jahres 2025 acht Prozent der weltweiten Verkäufe auf Brasilien. Den gleichen Prozentsatz erreicht Chevrolet, auf fast den gleichen kommt auch Renault (7,5 Prozent). Nur Jeep ist mit 12 Prozent noch abhängiger.
Aus der Art und Weise, wie sie den brasilianischen Automarkt bisher behandelt haben, wird deutlich, dass sie sich an die neue Realität anpassen müssen. Chinesische Autos sind viel wettbewerbsfähiger und attraktiver, und sie sehen in Brasilien eine wichtige Möglichkeit, ihre Verluste aufgrund des Preiskrieges im eigenen Land auszugleichen. Das bedeutet, dass sie bereit sind, auf Kosten der traditionellen Marken um einen erheblichen Marktanteil zu kämpfen. Wie viele von ihnen sind dazu bereit?