Auf der Jagd nach dem Land Rover Defender für die Rallye Dakar

Es gibt ein mittlerweile historisches Sprichwort unter den Teilnehmern der Dakar: „Sie ist einzigartig, weil sie dich so klein wie ein Sandkorn macht“. Ein Satz, der perfekt beschreibt, was diese Rallye ausmacht – eine Mischung aus Wahnsinn, Faszination und Freiheit. Eine Herausforderung, die alles andere in den Schatten stellt.

Und all das gilt, obwohl sich Epochen, Technologien und sogar die Orte verändert haben.

Ich befinde mich in der Wüste Marokkos. Genauer gesagt, fast an der Grenze zu Algerien, in der Sahara.

Ich bin auf der Suche nach einer Herausforderung, die ebenso spannend wie neu und interessant ist – derjenigen, die Land Rover angenommen hat. Das Sinnbild des Offroad-Fahrzeugs schlechthin wird bei der Dakar mit seinem Defender Rally D7X-R antreten – ein Prototyp, ja, aber deutlich näher an der Serienversion, als man denken würde. Und genau den möchte ich euch jetzt etwas näher vorstellen.

Durch die Wüste

Es ist 2 Uhr nachts, als wir in Errachidia ankommen, einem abgelegenen Ort in Marokko. Zeit, für (wenige) Stunden zu schlafen, und wir übernehmen unser Fahrzeug für den Tag. Ein - klassischer und zeitloser - Land Rover Defender.

Ein 110 Diesel D350. Wir sprechen von 350 PS maximaler Leistung, 700 Nm ab 1500 U/min, eine Beschleunigung von 0-100 km/h in 6,4 Sekunden, aber - wie bei jedem respektablen Land Rover - mit einer Traktionskontrolle für unterschiedlichstes Terrain.

Das ist natürlich nichts Neues, aber die Tatsache, dass man mit so einem Fahrzeug einfach auf die Straße fahren, anhalten, in felsiges Gelände abbiegen und wenig später über die Dünen der Sahara gleiten kann, sorgt immer für dieses kleine Kribbeln – begleitet von einem Lächeln.

Auch, weil das Luftfederfahrwerk und die Antriebstechnik, die eine variable Verteilung des Drehmoments sowohl längs als auch quer ermöglicht, stets für souveräne Kontrolle sorgen.

Die Strecke ist interessant. Anspruchsvoll? Nicht übermäßig – abgesehen von ein paar felsigen Passagen mit steilen Kuppen, bei denen man die Untersetzung benötigt. Aber das Ziel der Land-Rover-Mitarbeiter ist ein anderes: Wir sollen die verschiedenen Fahrmodi ausprobieren – von „Comfort“ über „Gravel“ bis „Sand“.

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Auf der Suche nach dem Defender für die Rallye Dakar in Marokko

Das Vertrauen ins Fahrzeug wächst schnell. Bei solchen, stark abenteuerorientierten Events lässt man sich auch mal ein bisschen treiben. Die Zusammenarbeit mit den Defender-Technikern ist eingespielt, und obwohl das ESP theoretisch eingeschaltet bleiben müsste, „zwingt“ uns die Umgebung dazu, es auszuschalten – begleitet von einem verschmitzten Lächeln der Techniker.

Denn das Schöne an einem Fahrzeug wie diesem ist seine Berechenbarkeit, seine ehrliche Rückmeldung. Während wir durch scharfkantige Steinfelder, sandige Rinnen und schließlich über echte Dünen fahren, vermittelt der Defender stets Sicherheit.

Den Dakar-Prototypen sehen

Unsere Fahrt hat ein Ziel: Wir wollen den Defender Rally D7X-R sehen – das Fahrzeug, das bei der Dakar antreten wird. Er wird in der Stock-Kategorie starten – verrückt, aber dazu gleich mehr.

Also stehen wir mitten im Nirgendwo und warten. Ein Moment, ein Geräusch – Staub in der Ferne, dann ein heiseres, tiefes, kraftvolles Brüllen.

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Defender Rally D7X-R bei den Tests in Marokko

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Der Defender-LKW im Biwak-Bereich

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Defender Rally D7X-R bei seiner Ankunft 

Foto Von: Land Rover

Ein Augenblick später rast der Defender Rally an uns vorbei – in kontrolliertem Drift, leicht wankend, aber unglaublich stabil. Das Gelände ist zwar wüstenartig, aber fest genug, damit das Biest seine Geschwindigkeit voll ausspielen kann.

Ein weiterer Durchgang, diesmal auf den Dünen. Wir warten geduldig etwa fünfzehn Minuten – dann wieder dieses Brüllen, das sofort Erinnerungen an die Dakar weckt. Wer das einmal erlebt hat, weiß, wovon ich spreche. Das ist der Zauber dieses Rennens: Navigieren, Stille, unterbrochen von brachialer Energie. Momente in Landschaften, die fast außerirdisch wirken – denn die nächste asphaltierte Straße liegt weiter entfernt, als das Auge reicht.

Die Seele des Rally Raids

Zeit für eine Pause. Wir erreichen den Truck, der als Basislager des Teams dient, und warten auf die Rückkehr des Defender Rally. Warum? Weil wir ihn endlich aus der Nähe sehen wollen – im Stand – und verstehen möchten, woran gearbeitet wurde, auch im Hinblick auf das Stock-Reglement. Denn äußerlich, abgesehen von der Tarnlackierung, ist dieser Defender seinem Serienbruder Defender Octa erstaunlich ähnlich.

Warum gerade der Octa? Erstens, weil seine technische Basis die beste ist, die Land Rover derzeit bieten kann. Zweitens, weil die Stock-Kategorie eine Mindestproduktion von 1.000 Fahrzeugen verlangt.

Und drittens, weil diese Klasse – meiner Meinung nach – das wahre, raue und extreme Wesen der Dakar am besten verkörpert.

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Die Wüste Marokkos

Die Seele des Rally-Raids also – jene, die man früher in Büchern gelesen oder in den Erzählungen der Fahrer der 80er und 90er Jahre gehört hat. Für jemanden in den Vierzigern sind das Erinnerungen an die großen Zeiten von Edi Orioli, Ciro De Petri, Fabrizio Meoni, Ari Vatanen, Jacky Ickx – und später an Nasser Al-Attiyah, Loeb, Sainz – und vor allem Mr. Dakar, Stéphane Peterhansel: Held auf zwei und vier Rädern, offizieller Land-Rover-Pilot und einer der Entwickler dieses Projekts.

Defender Rally: Was geändert wurde

Der Prototyp steht nun vor uns – unter der glühenden Sonne bei 40 Grad.

Seine Basis ist klar: der Defender Octa mit 4,4-Liter-Biturbo-V8, 635 PS, 800 Nm, Achtgang-Automatik, Allradantrieb mit hinterem Sperrdifferenzial, Mehrlenker-Hinterachse, Doppelquerlenker vorne – und vor allem dem 6D Dynamics-Fahrwerk mit aktiver Nick- und Wankkontrolle.

Nun, fangen wir mit dem letztgenannten Element an, denn im Alltag ersetzt es die sonst üblichen Querstabilisatoren, die die Federwege einschränken würden. Für die Dakar aber gelten andere Anforderungen: Paradoxerweise sind härtere Stoßdämpfer notwendig, ein präziseres Ansprechverhalten und eine kontrollierte Federbewegung. Denn zwischen Dünen, Felsen und Schotter wird mit unglaublichem Tempo gefahren – man „schwebt“ über das Terrain.

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Der Defender Rally bei den Tests in Marokko

Deshalb wurden die Übersetzungen des Getriebes verändert, der Allradantrieb beibehalten, und vorne wie hinten mechanische statt elektronischer Differenziale eingebaut. Auch an der Höhe des Fahrwerks wurde gearbeitet, die je nach Etappe variiert – die maximale Ausfederung bleibt aber reglementbedingt gleich.

Eine große Herausforderung, denn die Vorderachse nutzt eine Einzelfeder, die Hinterachse zwei.

Der Motor blieb unverändert – die Stock-Regeln begrenzen die Höchstgeschwindigkeit ohnehin auf etwa 170 bis 175 Kilometer pro Stunde.

Woran also arbeiten die Land-Rover-Piloten? Vor allem am Balanceverhalten, es wurde also Besonderheit ein zusätzliche Kraftstofftank hinter dem Cockpit eingebaut, um lange Etappen zu überstehen.

Land Rover Defender Rally, die Tests in Marokko

Land Rover Defender Rally, unser Konvoi im Schlepptau

Ein FIA-homologierter Tank mit einem Fassungsvermögen von 550 Litern. Einen solchen Tank im Rennen zu leeren beeinflusst natürlich Schwerpunkt, aber auch das Gewicht und folglich das Verhalten der Federung. Doch laut Sara Price, die das Auto gemeinsam mit Stéphane Peterhansel und Rokas Baciuska testete, ist der Unterschied überraschend gering.

Eine neue Kategorie

Es wird spannend, diesen Defender Rally D7X-R im Rennen zu sehen. Denn für eine Marke, die seit jeher für Freiheit, Abenteuer und die Überwindung von Grenzen steht, ist die Teilnahme an der Dakar fast schon selbstverständlich – und längst überfällig.

Besonders interessant: Die Stock-Kategorie, in der Land Rover antreten wird, wächst.

Neben Toyota sind künftig auch Marken wie Ford mit von der Partie.

Die Rückkehr zu Fahrzeugen, die näher an der Serie sind, könnte dem Rallye-Raid-Sport den gleichen Schub geben, den die Hypercar-Klasse Le Mans gebracht hat. Und träumen kostet ja nichts. Diese Gedanken und Träume beschäftigen mich, während ich bei tief stehender Sonne ein letztes Mal den Prototyp durch die Wüste jagen sehe. Die Dakar ist einfach Abenteuer pur!

Bildergalerie: Land Rover Defender Rally - Test in Marokko

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