
Auch wenn es aktuell nicht besonders realistisch klingt: Wir hoffen immer noch, dass Alfa Romeo endlich wieder zu alter Stärke findet und zu einem echten Rivalen für die deutsche Premium-Konkurrenz wird. Aktuell kann davon keine Rede sein. Nicht zuletzt, weil Mutterkonzern Stellantis die nächsten Generation von Giulia und Stelvio massiv nach hinten verschoben hat.
So wie Audi derzeit versucht, mit einem neuen Sportwagen an alte Glanzzeiten anzuknüpfen, könnte auch Alfa ein solches Modell guttun – idealerweise eines, das nicht Millionen kostet wie der 33 Stradale.
Leider blieben die geplanten Neuauflagen von 8C und GTV nur Wunschträume, und auch der kleine 4C ist längst Geschichte. Ein frischer Start mit einem neuen Coupé könnte dem Image der Marke neuen Schwung verleihen. Stellantis hätte dafür zweifellos die Mittel. Und genau hier kommt unser heutiger Kandidat ins Spiel – ein faszinierendes Konzept, das 1996 auf dem Pariser Autosalon für Aufsehen sorgte.
Benannt nach der italienischen Rennlegende Tazio Nuvolari, zeigte der Nuvola ein völlig neues Designverständnis für Alfa Romeo. Gezeichnet von Walter de Silva, bot das eigenwillige Coupé einen Ausblick auf die künftige Formensprache der Marke. Kurz darauf folgten seine Serienwerke: der 156 (1997), der 166 (1998) und der 147 (2000) – de Silvas letzte Alfas, bevor er zur Volkswagen-Gruppe wechselte und dort unter anderem am Bugatti-Veyron-Konzept arbeitete.
Alfa Romeo selbst beschrieb den Nuvola damals als eine „extreme Interpretation eines Coupés“ – gebaut ausschließlich für zwei Personen. Mit einer Länge von rund 4,40 Metern ist er etwa so groß wie ein heutiger Toyota Supra. Stoßfänger und Karosserie sind nahtlos miteinander verbunden, um eine fließende Form zu erzielen. Auf den 18-Zoll-Rädern sieht man speziell entwickelte Michelin-Reifen mit eigenem Profil.
Doch der Nuvola war weit mehr als nur eine stilistische Studie. Alfa Romeo wollte mit ihm die alte Kunst des Karosseriebaus wiederbeleben. Geplant war, das Fahrgestell an unabhängige Manufakturen zu verkaufen, die darauf eigene Versionen entwickeln sollten – vom Shooting Brake über ein Cabrio bis hin zum Geländecoupé. Alfa hätte die Homologation übernommen und sogar den Vertrieb über das eigene Händlernetz in Betracht gezogen – vorausgesetzt, die Fahrzeuge blieben dem „Geist von Alfa Romeo“ treu.
Technisch war der Nuvola solide aufgestellt. Unter der elegant geschwungenen Karosserie steckt ein Gitterrohrrahmen mit Einzelradaufhängung rundum. Angetrieben wird er von einem 2,5-Liter-V6-Biturbo mit 300 PS und 387 Nm Drehmoment. Über ein manuelles Sechsganggetriebe geht die Kraft an alle vier Räder. Der Sprint von 0 auf 100 km/h soll in sechs Sekunden gelingen, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 280 km/h.
Alfa sah im Nuvola „den idealen Vorreiter einer neuen Generation von Sportwagen in Kleinserie, die sich stark voneinander unterscheiden könnten“. Walter de Silva selbst sagte später:
„Von zehn Projekten schafft es höchstens eines in die Serie. Schade – Alfa hätte damals dringend ein Aushängeschild gebraucht. Der Nuvola hätte das perfekte Modell sein können, um die Marke wieder auf die Landkarte zu bringen.“
Leider blieb es bei dieser Vision. Der Nuvola blieb ein Einzelstück – ein reines Designstatement, das Alfas Formensprache modernisierte, ohne je auf die Straße zu kommen. Mit seiner langen Motorhaube erinnerte er an klassische Modelle wie den 8C aus den 1930er-Jahren oder den 2000 Sportiva aus den 1950ern.
In gewisser Weise war der Nuvola für Alfa das, was für Audi heute das neue Concept C ist – ein Wegweiser in die Zukunft. Doch während Audi das Konzept in ein Serienmodell überführt, setzt Alfa vor allem auf SUVs. Dabei könnte gerade ein vergleichsweise erschwinglicher Sportwagen wieder mehr Menschen in die Showrooms locken – selbst wenn sie am Ende „nur“ einen Tonale oder Stelvio kaufen.
Ganz aufgegeben hat Alfa Romeo den Traum übrigens nicht. Kürzlich kündigte die Marke eine Kooperation mit Maserati an, um exklusive Kleinserienfahrzeuge zu entwickeln. Diese dürften allerdings preislich näher am 33 Stradale liegen – und damit für die meisten Fans wohl ein Traum bleiben.
1996 Alfa Romeo Nuvola Concept