
Bei Mercedes-AMG brodelt es in der Gerüchteküche, und die jüngsten Veröffentlichungen von Testbildern eines mysteriösen Konzeptfahrzeugs heizen die Spekulationen um den Nachfolger des erfolgreichen Mercedes-AMG GT3 kräftig an.
Doch während das Thema GT3 sonst nur die Motorsport-Fans interessiert, liegt hier die eigentliche Sensation womöglich tiefer: Im ungewöhnlichen Entwicklungspfad und der potenziellen Geburt eines neuen Supersportwagens für die Straße, der bemerkenswerte Parallelen zu einem Ansatz aus den USA aufweist.
Der GT3-Zwang und die Gewichtsfrage
Der aktuelle Mercedes-AMG GT3 basiert auf den längst verblichenen AMG GT der Baureihe 190. Der dringend benötigte Nachfolger - der aktuelle GT3-Renner wurde 2015 präsentiert und 2019 aufgefrischt - wird aber wohl nicht auf der Basis des neuen GT der Baureihe 192 entstehen, die gerüchteweise mit ihrem vergleichsweise hohen Gewicht keine optimale Basis für einen kompromisslosen Rennwagen darstellt.
Im GT3-Sport zählt jedes Gramm, und ein zu hohes Ausgangsgewicht erschwert die Konkurrenzfähigkeit enorm. Dies könnte der Hauptgrund sein, warum Mercedes-AMG bei der Entwicklung des Nachfolgers einen völlig neuen Ansatz wählen könnte: den "Race-Car-First"-Ansatz.
Wie unsere Kollegen von Motorsport-Total.com bereits mehrfach berichteten, arbeitet Mercedes-AMG nicht nur an einem GT3-Nachfolger, sondern auch an einem Fahrzeug, das über ein Vollcarbon-Monocoque und einen V8-Turbomotor verfügen soll. Ein entscheidender Faktor dabei: Die Entwicklung des Rennwagens liegt diesmal nicht wie bei den sehr erfolgreichen Vorgängern in den Händen des langjährigen Partners HWA, sondern wird direkt von der neuen Affalterbach Racing GmbH unter der Ägide von AMG selbst betrieben.
Ein waschechter Straßensportler als "Beifang"?
Das Interessante daran: Für diesen GT3-Boliden soll wohl ein eigenes Serienauto entwickelt werden, da dies im GT3-Sport eine Voraussetzung ist. Und wenn der Rennwagen das primäre Entwicklungsziel ist, mit einem leichten Carbon-Monocoque und kompromissloser Performance im Fokus, dann wäre die daraus abgeleitete Straßenversion ein waschechter Supersportwagen ohne Kompromisse. Anders gesagt: Nicht der Rennwagen muss auf das Serienauto Rücksicht nehmen, sondern umgekehrt.
Dieser Ansatz erinnert stark an Ford und dessen jüngste Strategie. Man denke an den Ford GT, der ursprünglich als reinrassiger GTE-Rennwagen konzipiert wurde, um in Le Mans zu siegen, und dessen limitierte und hochbegehrte Straßenversion erst danach entstand, um die Homologationsvorschriften zu erfüllen. Ein noch aktuelleres Beispiel ist der Mustang GTD, eine kompromisslose Straßenversion des Mustang GT3-Rennwagens, die ebenfalls den Entwicklungsfokus auf die Rennstrecke legt und erst dann auf die Straße adaptiert wird. Ein ähnlicher Weg, bei dem der Motorsport die DNA eines Serienfahrzeugs prägt, scheint nun auch bei Mercedes-AMG in Affalterbach beschritten zu werden.
Dies wäre ein faszinierender Paradigmenwechsel für AMG und würde eine Lücke im aktuellen Portfolio schließen. Dem AMG GT, der auf derselben Plattform wie der luxuriöse Mercedes SL entstand, wird seit der Präsentation vorgeworfen, zu schwer und zu komfortorientiert zu sein. Auch die Abkehr vom Transaxle-Prizip seiner Vorgänger nahmen die Fans übel. In diese Lücke könnte der Neue perfekt passen. Aber vorerst träumen wir nur.
Prototyp auf Testfahrt
Die aktuellen Bilder, die Mercedes-AMG vom "Concept AMG GT Track Sport" veröffentlicht hat, zeigen einen getarnten Prototypen auf der Rennstrecke. Vieles deutet darauf hin, dass hier neue Komponenten in einem bestehenden Fahrzeug getestet werden.
Unsere Kollegen von Motorsport-total.com zitieren einen anonymen Kenner, der das Fahrzeug als "Frankenstein-Auto" oder "Mule Car" bezeichnet. Dies sind Testfahrzeuge, die bereits Komponenten des zukünftigen Modells tragen. Während Dach, Fenster und Seitenschweller noch an das aktuelle Auto erinnern, ist die Frontpartie deutlich anders – kleinerer Kühlergrill, eine geänderte Motorhaube mit Lufteinlass für den Turbo im V des Motors und ein modifizierter Splitter. All dies deutet auf die Erprobung neuer Technik hin.
Ein Ausblick in die "extreme" Zukunft
Mercedes-AMG kommuniziert, dass der Fokus des Fahrzeugs auf "maximaler Fahrdynamik" und "intelligentem Leichtbau" liegt, mit einer "weiter optimierten Gewichtsbalance" und der "AMG-typischen V8-Antriebstechnologie". Michael Schiebe, der scheidende AMG-Chef, verspricht zudem: "Die Zukunft wird extrem."
Große Worte, denen bei AMG in der Regel auch große Taten folgen. Wir sind gespannt! 2026 als Entwicklungsjahr und eine mögliche Auslieferung des GT3-Boliden ab 2027 oder 2028 versprechen eine spannende Wartezeit auf ein Auto, das das Zeug zur Legende hat.